Drohnen als Mittel zur Bestimmung von Wildtierdichten

03. Februar 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Innovative Technologien wie leistungsstarke Wärmebild- und Zoom-Kameras ermöglichen im drohnengestützten Wildtiermonitoring die Feststellung der aktuellen Wilddichte und bieten die Möglichkeit, Entwicklungen von Wildbeständen abzubilden.
  • Durch parallelen Einsatz mehrerer Drohnensysteme können große Flächen effizient in kurzer Zeit beflogen werden. Hohe Flexibilität und Unabhängigkeit von Netzstromanschlüssen ermöglichen den Einsatz in verschiedenen Geländebedingungen.
  • Die Drohnensysteme sind auch bei widrigen Witterungsbedingungen einsatzfähig und können mit zwei Fernsteuerungen gekoppelt werden, was gleichzeitig Sorgfalt in der Aufnahme und auch Sicherheit bei der Befliegung gewährleistet.
  • Unterschiedliche Wildarten reagieren unterschiedlich auf Drohnenpräsenz. Die Beunruhigung ist jedoch oft nur gering und die Wilddichten können zumeist realistisch abgebildet werden. In den meisten Fällen sind sie höher als erwartet.
  • Eine schnelle Integration des detektierten Wildes in selbst programmierte Software-Tools ermöglicht eine nahezu Just-in-time-Auswertung für eine präzise Analyse der Ergebnisse.
  • Die Kosten für die Befliegung zur Feststellung der Wilddichte sind im Verhältnis zu Aufwendungen für andere forstwirtschaftliche Maßnahmen im Zusammenhang mit starkem Wildeinfluss, wie Zaunbau und Kunstverjüngungsflächen, gering.

Einleitung

Die Kenntnis über die Dichte von Wildtiervorkommen ist entscheidend für ein effektives Wildtiermanagement, das den definierten Zielen gerecht wird. Moderne Drohnen mit Wärmebildtechnologie und leistungsstarken Zoom-Kameras, die erst seit Kurzem auf dem Markt verfügbar sind, eröffnen völlig neue Möglichkeiten zur Bestimmung der Dichte (Abundanz) von Wildtieren. In diesem Artikel werden die angewandte Technik, ein selbst entwickeltes Verfahren für ein aussagekräftiges Wildtiermonitoring und die Vorteile für Flächeneigentümer im Vergleich zu bisherigen Methoden erläutert.

Technik und Verfahren im Überblick

Für das Wildtiermonitoring setzen wir Drohnen der Modelle Matrice 30T (M30T) oder Matrice 300 RTK (M300RTK) des Herstellers DJI ein. Diese Unbemannten Luftfahrzeuge (Unmanned Aircraft System – UAS) sind mit einem Kamerasystem ausgestattet, das eine Wärmebild-, Zoom- und Weitwinkelkamera sowie einen Laserentfernungsmesser umfasst. Letzterer ermöglicht die präzise Erfassung von Objektkoordinaten selbst aus Entfernungen von mehreren Hundert Metern. Mit einer Flugzeit von bis zu 30 Minuten pro Akkuladung, vier Akkusätzen und der Option zur mobilen Aufladung im Gelände, zeichnet sich das Drohnensystem durch hohe Flexibilität aus und ist unabhängig von Netzstromanschlüssen. Die maximale Flugreichweite von zwei bis drei Kilometern ermöglichen dem System auch für die Erkundung ausgedehnter Gebiete, wobei Tagesleistungen von 300 bis 600 Hektar im Wald und 700 bis 1.500 Hektar im Offenland (Felder, Wiesen etc.) realistisch sind. Durch den synchronen Einsatz mehrerer Drohnensysteme können sogar große Flächen von mehreren Tausend Hektar in kurzer Zeit abgedeckt werden. Die verwendeten UAVs sind zudem in der Lage, unter widrigen Witterungsbedingungen zu fliegen – selbst bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 15 m/s, mäßig starkem Regen oder niedrigen Temperaturen. Die Drohnensysteme können mit zwei Fernsteuerungen gekoppelt werden, was eine sichere und gleichzeitig sorgfältige Arbeitsweise im Zwei-Mann-Verfahren ermöglicht. Während der Pilot die Steuerung der Drohne und die Luftraumüberwachung übernimmt, kümmert sich eine zweite Person (Kamera-Operator) um die Detektion der Wärmesignale im Live-Bild. Die Auswertung der Befliegungsdaten erfolgt anschließend mithilfe eigens entwickelter Software-Tools.

Ein Rudel Rotwild im Echtbild und im Wärmebild

Unser Verfahren im Detail

Zu Beginn erfolgt im Rahmen einer Vorplanung für die vom Auftraggeber übermittelte Fläche eine umfassende Prüfung der rechtlichen und topographischen Rahmenbedingungen. Gleichzeitig wird der optimale Zeitpunkt für die Befliegung festgelegt, wobei beispielsweise Laubwaldbestände im laublosen Zustand beflogen werden sollten. Es wird definiert, welche Daten erfasst werden sollen. Bei bestimmten Wildarten (z. B. Reh- oder Rotwild) besteht auch die Möglichkeit, Altersstruktur und Geschlechterverhältnis zu dokumentieren.

Kurz vor dem geplanten Befliegungszeitpunkt wird die prognostizierte Witterung aufmerksam verfolgt. Unvorteilhafte Flugbedingungen, wie zu starker Wind, hohe Luftfeuchtigkeit bei Temperaturen um den Gefrierpunkt oder intensive Sonneneinstrahlung, werden bei der Planung berücksichtigt. Abhängig von der Größe des zu erkundenden Gebiets und den örtlichen Gegebenheiten (Flächenzuschnitt, Relief etc.) werden ein oder mehrere Drohnenteams eingesetzt.

Nach Feststellung der Rahmenbedingungen und Prüfung von Restriktionen kann die Befliegung der beauftragten Fläche durchgeführt werden. In einer Höhe von etwa 100 m über dem Boden (Above Ground Level – AGL) erfolgt die Befliegung in s-förmigen Bahnen mit einer gewählten Bahnbreite, die eine Überlappung der Flugbahnen gewährleistet. Dies stellt auch die Detektion von Wärmequellen sicher, die möglicherweise im Bildrandbereich der zuvor geflogenen Bahn verdeckt waren (z. B. hinter einem Baum).

Die Erfassungsbreite des Wärmebildsensors der DJI M30T beträgt beispielsweise bei 100 m Flughöhe etwa 70 m. Durch eine Flugbahnbreite von rund 50 m entsteht somit ein Überlappungsstreifen von 20 m Breite. Während des Fluges ist die Wärmebildkamera lotrecht nach unten geneigt, und der Kamera-Operator detektiert Wärmesignale im Live-Bild der Drohne, die der Wärmestrahlung eines lebenden Tieres entsprechen.

Bei Detektion einer Signatur wird der Flug an dieser Stelle pausiert und auf die Zoom-Kamera umgeschaltet, um die Identifikation vorzunehmen. Selbst aus 100 m Flughöhe können Schalenwildarten, Raubwild und kleinere Wildtiere wie Hasen oder Fasane zuverlässig identifiziert werden. Die Identifikation kann durch Überschirmung, beispielsweise durch dichte Baumkronen, erschwert sein. In solchen Fällen wird die Position der Drohne so angepasst (horizontale Bewegung und ggf. Reduktion der Flughöhe), bis eine eindeutige Bestimmung möglich ist.

Nach erfolgreicher Identifikation einer Wärmequelle als Wildtier erfolgt eine fotografische Aufnahme als Dokumentationsnachweis, welche die Koordinaten des Erfassungsortes enthält. So kann das Bild in der Auswertung auf einem Kartenhintergrund an der richtigen Stelle eingebettet werden. Auf der Fernbedienung werden die bereits erfassten Wildtiere digital mit „Pin-Points“ versehen, um sicherzustellen, dass beim überlappenden Flug keine Stücke doppelt erfasst oder übersehen werden. Die Genauigkeit der ermittelten Wilddichte variiert je nach Jahreszeit, zu überfliegendem Gebiet (Art der Landnutzung, Baumart, Bestandesstruktur etc.) und zu detektierender Wildart. Erfahrungsgemäß lässt sich in den meisten Fällen ein aussagekräftiges Ergebnis erzielen. Durch den Einsatz selbst programmierter Software-Tools kann eine ansprechende Auswertung der Befliegungsergebnisse realisiert werden, etwa durch eine Heatmap-Karte, die neben der Anzahl der erfassten Wildtiere auch deren Verteilung im Fluggebiet visualisiert.

Verhalten des Wildes

Langjährige Erfahrung hat gezeigt, dass sich sämtliche Schalenwildarten sowie kleinere Wildtierarten wie Raubwild, Hasen, Fasane usw. mithilfe des beschriebenen Verfahrens realitätsnah in ihrer Dichte bestimmen lassen. Die Reaktion einzelner Wildtiere auf die Drohne als Störfaktor variiert jedoch je nach Art. Schwarz- und Rehwild nehmen die Drohne kaum wahr und reagieren nur in seltenen Fällen auf deren Anwesenheit. Im Gegensatz dazu sind Rot- und Damwild aufmerksamer und nehmen die Drohne bewusster wahr. Gelegentlich zeigen sie auch kleinräumige Ausweichbewegungen. Wölfe und anderes Raubwild zeigen sich noch reaktiver. In der Regel lässt sich die Reaktion der Wildarten mit einer ungestörten Fortführung ihrer aktuellen Aktivität beschreiben, nur selten kommt es zu kurzen Fluchtbewegungen. Bei wiederholten Befliegungen in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit jagdlichen Aktivitäten wurde festgestellt, dass das Wild zunehmend sensibler auf die Drohnenpräsenz reagiert.

Praxiserfahrungen zur Störungsempfindlichkeit / Wahrnehmung wichtiger Wildarten gegenüber Drohnen

WildartWahrnehmung bei 100 m FlughöheFluchtreaktionSichtbarkeit Wärmebild in 100 m FlughöheEinschätzung Eignung des Verfahrens
Rehwildkaumsehr seltensehr gutsehr gut
Rotwildjateilweisesehr gutbedingt
Schwarzwildkaumsehr seltenmeist gutgut
Damwildkaumseltensehr gutsehr gut
Muffelwildk. A.k. A.sehr gutk. A.
Haseneinneingutgut
Wolfjahäufigmeist gutbedingt

Stärken des Verfahrens und Vergleich mit anderen Methoden

Durch die effektive Kombination von hoher Flächenleistung und präziser Identifikation der Wildtiere entsteht in der Regel ein realistischer Eindruck der vorherrschenden Wildtiermindestdichte, ausgedrückt beispielsweise als Stückzahl je 100 Hektar. Der Dokumentationsnachweis in Form eines mit Koordinaten versehenen Bildes des erfassten Wildtieres macht die erzielten Ergebnisse nachvollziehbar. Die Verwendung digitaler Markierungen (Pin-Points) minimiert bei sorgfältiger Arbeitsweise das Risiko von Mehrfacherfassungen. Die erfassten Wilddichten sind als Mindestdichten zu betrachten, wobei ein Erfassungsfehler darin bestehen könnte, dass stark verdeckte Wildtiere möglicherweise nicht gefunden wurden. Daher ist tendenziell mit etwas mehr Wild zu rechnen als erfasst wurde, anstatt weniger.

In vielen Gebieten wird das Wild durch verschiedene Einflüsse erst in der späten Dämmerung aktiv oder ist sogar rein nachtaktiv, was es weniger sichtbar und „spürbar“ macht. Eine möglichst störungsfreie Befliegung am Tag, wenn das Wild in der Regel in seinen Einständen ruht, kann unter Umständen zu einem realistischeren Eindruck führen. Unsere Ergebnisse und Erfahrungen zeigen, dass es oft eine Diskrepanz zwischen den erwarteten Wilddichten seitens Jagdausübungsberechtigten und dem Befliegungsergebnis gibt. Häufig werden die Wilddichten unterschätzt.

Ein Beispiel hierfür ist eine Befliegung in einem Stadtwald in Mitteldeutschland. Die Annahme der Jagdpächter, dass das Rehwildvorkommen bezogen auf 100 Hektar im niedrigen einstelligen Bereich liegen müsse, wurde durch die Befliegung widerlegt. Das Ergebnis von knapp 40 Rehen je 100 Hektar war weder vom Flächeneigentümer noch von der Jägerschaft erwartet worden. Seit der Befliegung arbeitet man gemeinsam konstruktiv an neuen Bejagungsstrategien.

Andere bisher angewandte Befliegungsverfahren mit Wärmebildsensorik, beispielsweise mit Starrflüglern (Flugzeugen) oder Helikoptern, setzen auf das kontinuierliche Überfliegen einer Fläche mit permanentem Bildaufzeichnung. Die Auswertung erfolgt im Anschluss an die Befliegung. Allerdings ist es äußerst schwierig im Nachhinein genau zu erkennen, worum es sich bei der erfassten Wärmequelle handelt. Andere warme Störsignale oder teilweise überschirmte Signale können nicht oder nur schätzungsweise erkannt werden. Ein Verändern des Blickwinkels oder ein Heranzoomen des Objektes ist nach der Befliegung nicht mehr möglich. Der maßgebliche Vorteil des vorgestellten Verfahrens liegt darin, dass während des Fluges pausiert werden kann, um nicht freiliegendes Wild zweifelsfrei anzusprechen. Datenschutzrechtlich ist das Verfahren ebenfalls als unbedenklich einzuschätzen, da keine kontinuierliche Bildaufnahme erfolgt, sondern nur im Fall eines Fundes ein Bild aufgezeichnet wird. Ein weiterer Vorteil ist die nahezu just-in-time Auswertung, bei der die aufgenommenen Bilder sehr zügig in die vorhandenen Software-Tools eingespielt werden können.

Kosten der Befliegung

Im Zuge des fortschreitenden Klimawandels wird die Anpassung von Waldbeständen immer wieder gefordert, und die Bundesregierung hat die Förderkampagne „Klimaangepasstes Waldmanagement“ ins Leben gerufen. Waldbesitzer können dabei Fördermittel (ca. 100 €/ha/a) in Anspruch nehmen, wenn sie bestimmten Auflagen zustimmen. Dazu gehört beispielsweise die PEFC- oder FSC-Zertifizierung der Waldflächen. Die Nichteinhaltung der Waldstandards dieser Zertifizierer kann zur verzinsten Rückforderung der erhaltenen Gelder führen. Im PEFC-Standard werden „Angepasste Wildbestände“ als Grundvoraussetzung für naturnahe Waldbewirtschaftung im Interesse der biologischen Vielfalt gefordert. Nach PEFC gelten Wildbestände als „angepasst“, wenn die Verjüngung der Hauptbaumarten ohne Schutzmaßnahmen möglich ist, die Verjüngung der Nebenbaumarten gegebenenfalls mit vertretbarem Aufwand gesichert werden kann und frische Schälschäden an den Hauptbaumarten nicht großflächig auftreten.

Damit einen Wildbestand als „angepasst“ bezeichnen werden kann, müssen die Zielstellungen (z. B. zaunfreie Verjüngung der Hauptbaumarten) erreichbar sein. Ist das der Fall, ist die Kenntnis über aktuell vorherrschenden Wilddichten nicht zwingend notwendig. Sollte die Zielsetzung allerdings verfehlt werden, muss nach den Ursachen gesucht werden. Hierbei kann es wiederum vorteilhaft sein, die Wilddichten möglichst genau erfassen zu können. Das beschriebene Verfahren des drohnengestützten Wildtiermonitorings kann dabei einen erheblichen Beitrag leisten. Durch die Feststellung der aktuellen Wilddichte kann der Ist-Zustand erfasst werden. Eine wiederholte Befliegung ermöglicht zudem die Abbildung von Entwicklungen, beispielsweise hin zu einem besser „angepassten“ Wildbestand, der die Vorgaben des Waldstandards erfüllt.

Finanziell betrachtet erhält ein Teilnehmer im „Klimaangepassten Waldmanagement“ jährlich rund 100 €/ha. Die Kosten für die Befliegung zur Feststellung der vorhandenen Schalenwilddichte belaufen sich derzeit auf etwa 4 bis 7 € je Hektar. Somit sind die Ausgaben im Verhältnis zur Flächenförderung vernachlässigbar gering. Im Vergleich dazu kostet die Pflanzung von einem Hektar Verjüngungsfläche im Zaun grob geschätzt rund 15.000 €/ha, wobei allein die Kosten für den Zaunbau etwa 7.200 €/ha betragen. Auch in diesem Kontext erscheinen die Befliegungskosten zur Feststellung der Schalenwilddichte als äußerst gering.

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